Wieder einmal überraschte mich mein Kumpel und Fleischsommelier Michael Voß von der Fleischerei Voß. Diesmal mit Spezialitäten vom Rind von der iberischen Halbinsel. Dry Aged (vier Wochen) Rindfleisch in Form von RibEye und einem weiteren Steak aus dem Roastbeef von der 15 Jahre alten Kuh der Gattung Mirandesa. Zubereitet habe ich es in meiner favorisierten Weise, rückwarts gegrillt auf dem Smoker mit Buchenholz.
Feinstes aus Portugal
Aus Portugal kommt nicht nur guter Fussball, sondern auch hervorragendes Rindfleisch. Nördlich von Porto werden u.a. die Rassen Barrosã, Mirandesa, Maronesa und Arouquesa gezüchtet. Sie besitzen alle eine geschütze Ursprungsbezeichnung, international auch Protected Designation of Origin (PDO oder DPO) genannt. Meiner Recherche nach ist auch beim Miradesa der Ursprung des Names ortsgebunden. Gibt es doch im nordosten Portugals Orte wie Miranda do Ouro und den sprachlichen Dialekt Mirandés.
Alte Kuh? Die Färse ist doch das Nonplusultra...
Zu Beginn meiner Grillaktivitäten kannte ich keine Unterschiede beim Rindfleisch. Rind war Rind und Beef war Beef. Dann lernte ich immer mehr zu unterscheiden. Jungbulle, Färse, Kuh, alte Kuh... Die junge Färse, so bezeichnet man ein geschlechtsreifes Rind das noch nicht gekalbt hat, galt nach meinem Empfinden immer als Frontrunner und Edelstes. Doch ein neuer Trend macht sich für mich gefühlsmässig breit. Legte man immer wert auf die o.g. Attribute, schauen Grill- und Fleischliebhaber jetzt viel mehr auf Aspekte der Artgerechtigkeit und Haltung. Vorallem aus Gründen der Tierliebe, aber auch ein höherer Geschmack und Genuss sind dort ein bestimmender Effekt. Gerade im iberischen Raum gilt die alte Kuh als Spezialität. Durch das Gebären vieler Kälber und das langsame Aufwachsen auf Weiden und Feldern baut sich der intramuskuläre Fettanteil über Jahre natürlich langsam auf und schlägt sich äusserst positiv auf den Geschmack nieder. Auch in Deutschland nimmt das Angebot an "alter Kuh" stetig zu.
Dry Aged? Wet Aged?
Wie sollte das Fleisch reifen? Beim Nassreifen (engl. wet aging) wird das Fleisch vakuumiert und reift also quasi im eigenen, austretenden Saft der den "Beutel" nicht verlassen kann. Vorteil ist die schnellere Reifung und dadurch natürlich der geringere Preis. "Dry Aged", früher als Abhängen bezeichnet, war vor der "Wet-Aged" Ära,die in den 70ern begann, die Reifemethode der Wahl. Sie erfordert gute, stabile Temperatur -und Luftverhältnisse. Es bildet sich eine Trockenschicht, das Fleisch wird "mürbe" und dadurch zarter. Auch ein nussiger Geschmack ist eine weitere Folge dieses Reifeverfahrens. Die Reifung dauert nicht nur länger, durch den Flüssigkeitsverlust hat das Fleisch natürlich auch einen Gewichtsverlust der sich natürlich auf den Preis auswirkt.
Roastbeef und RibEye
Wie in der Einleitung beschrieben war es mir vergönnt Roastbeef und ein RibEye dieser Spezialtät zu verkosten. Der Vollständigekeit halber möchte ich hier die Definition dieser Zuschnitte aufführen:
Roastbeef - wird aus dem Hinterviertel des Rindes geschnitten. Daher nennt man es auch Lenden oder Nierstück. Es wird unterteilt in vorderes, hohes Roastbeef (fettreicher) und hinteres, flaches Roastbeef (fettärmer). Mein Roastbeefst stammte aus diesem Teil.
RibEye - ein Steak aus der Hochrippe des Rindes. Auch wenn das "Fett-Auge" im Steak einen anlacht, ist es nicht der Namensgeber für dieses äusserst beliebte Steak. Es ist benannt nach dem gesamten Muskelstrang der als auf Grund seiner Gestalt als Eye bezeichnet wird.
Die Zubereitung
Momentan bevorzuge ich bei Rindfleisch die Variante des "Rückwärtsgrillens" auf dem Smoker mit Buchenholz. Dazu hole ich das Stück Rindfleisch ca. 90 Minuten vor Grillbeginn aus dem Kühlschrank und lasse es an der Luft aufwärmen (muss man nicht, geht dann aber später schneller und ich hab da gute Erfahrungen). Danach mische ich mir Salz, ich nutze grobes Meersalz, mit etwas SenneRub und massiere es rundherum ein. Dickere Fettränder schneid ich ein und geb extra Salz hinzu. Dann geht es bis zum Gargrad 57°C auf den um die 120 °C vorgeheizten Smoker. Auf einem Grussrost in der Sidefirebox werden dann zügig Röstaromen über offener Flammes hinzugeführt. Etwas ruhen lassen und dann gegen die Fasern in Tranchen schneiden und mit einer Prise (wir wollen den Fleischgeschmack ja nicht überdecken) Steakpfeffer, z. B. meinem Flames, garnieren.
Hier wie immer als Service nochmal die gängige Definition der Gargrade / Kerntemperaturen bei Steaks vom Rind
- Rare : 48-52°C
- Medium Rare (Innen sehr rosa) ca. 52-55 °C
- Medium (innen rosa) 55-59
- Well Done bzw. komplett durchgegart 60-62 °C
Zur Überwachung nutze ich bei so edlem Fleisch das Thermometer Meater+.
Mein Fazit zur Mirandesa alten Kuh
Wieder mal begeistert, wiedermal überwältigt vom nussigen Geschmack zarten Fleisches. Es steigt direkt in die Liga meiner favorisieretn Fleischstücke ein und bestätigt auch den für mich geltenden
Trend sich nicht auf Färse zu versteifen. Auch eine alte Kuh weiss absolut zu überzeugen.
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